Donnerstag, 10. Januar 2019

Wachsender Aktionismus – häufig der Anfang vom Ende

In unserem
 Workshop „Berufsbild Pilot“, den wir zusammen mit der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung für an der Luftfahrt interessierte Abiturienten veranstalteten, stellten mir die Schüler folgende Frage:



Warum sehen die Piloten im Cockpit immer so entspannt und gelassen aus?


Diese Frage behandelt zugleich eine Kernaussage im Crew-Resource-Management (CRM).
Meine Antwort darauf ist kurz aber in der Praxis nicht so einfach umzusetzen wie es scheint:

Sie vermeiden jede Art von Aktionismus, verbal wie operativ!


Beide Formen von Aktionismus (viele nennen den verbalen Aktionismus auch Geschwätzigkeit) waren, gepaart mit hierarchisch formellen Verhaltensmustern die Hauptursache für in der Luftfahrt steigende Unfallraten bis zur Einführung des CRM in den 1980er Jahren.

Aktionismus ist eine der Hauptursachen für Führungs- und Teamversagen.




Anders war es nicht zu erklären, dass drei hocherfahrene Piloten einen Jet leer flogen und mitten in der Nacht in einem Vorortwäldchen einer amerikanischen Großstadt notlanden mussten, weil sie sich zu dritt mit Hingabe dem Austausch eines 10 Cent Lämpchen widmeten, das zu dieser Zeit keine wichtige Bedeutung hatte. Unterdessen bemerkte niemand, trotz voll funktionierender Warnhinweise, dass der Maschine in der Warteschleife der Sprit ausging.
Ein Beispiel von sehr vielen.

Aktionismus ist ein zunehmend verbreitetes Phänomen, nicht nur in unserer schnelllebigen Gesellschaft. Er spiegelt oft das Handlungsmuster in Unternehmen wider – bis in höchste Etagen.

Das Beispiel von United Flug 173 ist 1:1 übertragbar auf Unternehmen, die strotzend vor Jahrzehnte langer Gesundheit, in einem schnellen Wandel der Umgebungsfaktoren, krank schleichend nach wenigen Jahren von der Bildfläche verschwinden. Sie beschäftigen sich in einem Dunstkreis des Vergangenen und Unwichtigen mit sich selbst und finden vor lauter Aktionismus im eigenen Nebel den rettenden Ausweg nicht.

Aktionismus zu besiegen ist nicht einfach, da er im menschlichen Verhaltensmuster biologisch verankert ist.
Er geht auf das schnelle Erkennen von Gefahren und dem damit einhergehenden Flucht- oder Verteidigungstrieb zurück.
Bei Männern ist Aktionismus stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Es bedarf, wie das CRM gezeigt hat, eines fassbar konkreten, einfach zu verstehenden Lehrmodells und einer Menge Training.
So hat sich die Luftfahrt in den operativen Bereichen, Schritt für Schritt weg vom Aktionismus, hin zum fehlerärmsten und effektivsten Arbeitsplatz der Welt zu entwickeln.

Hier arbeiten echte Teams erfolgreich zusammen – in jeder Situation.

Quellen:

Hackman, J. R. (2002) Leading Teams
Bonelli, R. (2018) Frauen brauchen Männer (und umgekehrt)

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